Kreuzotter

Vipera berus

Von Uwe Manzke

Kreuzotter: Weibchen, Portrait.
Kreuzotter: Weibchen, Portrait.
Status
RL Niedersachsen (1994) 3
RL Deutschland (2009) 2
FFH-Anhang -
BNatSchG besonders geschützte Art
BArtSchV besonders geschützte Art

Kreuzotter: Männchen, Auge, Pupille.
Kreuzotter: Männchen, Auge, Pupille.
Kreuzotter: sich sonnendes Männchen.
Kreuzotter: sich sonnendes Männchen.
Kreuzotter: Weibchen.
Kreuzotter: Weibchen.
Kreuzotter: melanistisches Männchen, "Schwärzling".
Kreuzotter: melanistisches Männchen, "Schwärzling".
Kreuzotter: Portrait melanistisches Männchen.
Kreuzotter: Portrait melanistisches Männchen.
Kreuzotter: nach der Überwinterung nehmen die Kreuzottern ausgiebige Sonnenbäder, oft (korkenzieherartig) zusammengerollt.
Kreuzotter: nach der Überwinterung nehmen die Kreuzottern ausgiebige Sonnenbäder, oft (korkenzieherartig) zusammengerollt.
Kreuzotter: kurz vor der Häutung (getrübtes Auge).
Kreuzotter: kurz vor der Häutung (getrübtes Auge).
Kreuzotter: gekielte Schuppen.
Kreuzotter: gekielte Schuppen.
Kreuzotter: Männchen nach der Frühjahrshäutung im "silbergrauen Paarungskleid".
Kreuzotter: Männchen nach der Frühjahrshäutung im "silbergrauen Paarungskleid".
Kreuzotter: Weibchen mit gerade geborenem Jungtier.
Kreuzotter: Weibchen mit gerade geborenem Jungtier.
Kreuzotter: Jungtier.
Kreuzotter: Jungtier.
Kreuzotter: gelegentlich sonnen sich oder fliehen Individuen in Nadelbäume.
Kreuzotter: gelegentlich sonnen sich oder fliehen Individuen in Nadelbäume.

Verbreitung in Niedersachsen

Die Kreuzotter kommt in Niedersachsen in vielen Naturräumen vor, sie fehlt auf den Ostfriesischen Inseln, den Marschen und den Börden. Die heutigen Verbreitungsschwerpunkte korrespondieren mit den erhalten gebliebenen Hochmoor- und Heidegebieten der Geest. Aktuell gibt es nur wenig Nachweise aus dem Westharz und aus dem niedersächsischen Hügel- und Bergland.

 

Lebensraum

Die Kreuzotter bevorzugt eher kühlfeuchtere Habitate. In Niedersachsen sind dies Hochmoore, Hochmoorränder, degradierte Restmoore, angrenzende Heideflächen sowie Sandmagerrasen und Heiden im Tiefland. Auch ist (war) sie in aufgeforsteten Flächen, oft auf sogenannten "Ödländern" anzutreffen.

Im Hügel- und Bergland sowie im Harz wurde die Kreuzotter in Bereichen von lichteren Mischwäldern, jungen Aufforstungen und Basaltbrüchen gefunden, zumeist an wegbegleitenden Böschungen. Nach dem 2. Weltkrieg soll die Kreuzotter bei Buntenbock im Harz häufig auf und an Kahlschlägen zu finden gewesen sein. Aktuelle Nachweise fehlen seit mindestens 20-30 Jahren.

Die Kreuzotter bewohnt unterschiedliche Jahreslebensräume, dies sind die Winterquartiere, die Frühjahrssonn- und Paarungsplätze, die Sommersonn- und Brutplätze der trächtigen Weibchen und die Sommerlebensräume der Männchen und anderen Weibchen.

Winterquartiere sind zum Beispiel in Böschungen, überflutungssicheren Dämmen in Hochmooren, unter Baumwurzeln, in Kleinsäugerbauten , in/unter Lesesteinhaufen und anderen künstlichen Aufschüttungen zu finden. Diese Winterquartiere werden immer wieder aufgesucht, oft gemeinschaftlich mit vielen anderen Kreuzottern, anderen Schlangen, Eidechsen und Amphibien. Vor allem in den Feuchtgebieten des Tieflandes (Hochmoore) mit einer begrenzten Anzahl geeigneter Winterquartiere sind solche "Massenquartiere" zu finden. Den Winterquartieren kommt damit eine äußerst wichtige Überlebensbedeutung für die Kreuzotter zu.

In den Lebensräumen der Kreuzotter leben fast immer auch die Waldeidechse sowie Braunfrösche, vor allem der Grasfrosch.

Genau wie die Blindschleiche benötigt die Kreuzotter in ihren Lebensräumen kleinere Busch- und oder Baumgruppen beziehungsweise entsprechende Waldränder als Rückzugsräume. Dies ist bei Pflegemaßnahmen zu berücksichtigen.

 

Biologie und Ökologie

Kreuzottern sind recht variabel gefärbt, typisch ist das "Zick-Zack-Band" auf dem Rücken. Männchen sind meistens kontrastreicher gefärbt, als die Weibchen. In manchen Populationen sind auch graue bis schwarze Individuen zu finden.

Die Kreuzotter ist eine recht standorttreue Schlangenart. Jedes Jahr kann man sie an denselben Stellen antreffen. Diese "Standorttreue" bezieht sich auf alle Jahreslebensräume, das Winterquartier, die Frühjahrssonn- und Paarungsplätze und die Brutplätze trächtiger Weibchen im Sommer.

Kreuzottern beenden die Winterruhe bereits ab Mitte/Ende Februar, Anfang März. Zuerst verlassen die Männchen die Winterquartiere und halten ausgiebige Sonnenbäder. Hierbei reifen ihre Spermien. Häufig liegen mehrere Tiere neben- und übereinander. Anschließend, gegen Mitte/Ende April häuten sich die Männchen und gehen im "silbergrauen Paarungskleid" auf Weibchensuche. Treffen zwei Männchen aufeinander führen sie nicht selten "Kommentkämpfe" aus. Nach der Paarung suchen die Männchen ihre Sommerquartiere auf und führen eine sehr versteckte Lebensweise, selten findet man Männchen im Sommer.

Die trächtigen Weibchen suchen die Brutplätze auf und "erbrüten" die Eier im Körperinneren, sie sind ovovivipar. Je nach Witterung werden die jungen Kreuzottern ab Ende Juli, meistens erst ab Mitte/Ende August bis in den Herbst hinein geboren. Manchmal, vor allem in kühleren Jahren, gehen die Weibchen mit den nicht abgesetzten Jungtieren in die Winterquartiere und setzen die Jungen erst im darauffolgenden Frühjahr oder im Winterquartier ab. Während des Erbrütens sollen die trächtigen Kreuzotterweibchen nicht fressen. Aufgrund dieser kräftezehrenden Fortpflanzungsstrategie können die Weibchen nur alle zwei bis drei Jahre Junge zur Welt bringen. In günstigen, nahrungsreichen Jahren gibt es Ausnahmen und die Weibchen gebären in unmittelbar aufeinanderfolgenden Jahren.

Die Kreuzotter ernährt sich von Kleinsäugern, anderen Reptilien und vor allem von Gras- und Moorfröschen. Besonders die jungen Kreuzottern benötigen "mundgerechtes" Futter in Form junger Grasfrösche oder junger Wald- und seltener Zauneidechsen.

Ab Oktober suchen die Kreuzottern ihre Winterquartiere auf.

 

Artenschutz

Die Kreuzotter hat durch die Zerstörung und Umwandlung ihrer Lebensräume, beispielsweise durch Entwässerung und Abtorfung von Hochmooren, durch das Umbrechen und "unter den Pflug nehmen" und Aufforsten von Heideflächen und Sandmagerrasen vielerorts gravierende Bestandseinbußen zu verzeichnen. Aber auch die fehlende Bewirtschaftung der Magerstandorte durch Schaf- und Ziegenbeweidung hat zu einer Verbuschung mit nachfolgender Bewaldung und dem Verlust dieser Lebensräume geführt. Seit den 1960er Jahren sind weiterhin auch die naturnahen Randbereiche der Hochmoore durch die zunehmende intensive landwirtschaftliche Nutzung immer kleinflächiger geworden.

Neben dem direkten Verlust der Lebensräume spielt die zunehmende Verbuschung und Ausschattung wegbegleitender, erhalten gebliebener Rückzugsräume eine weitere entscheidende negative Rolle. Auch die Befestigung von Wirtschaftswegen (Schwarzdecken) und falsche Mahdzeitpunkte der Wegränder führen zu einer Verdrängung und direkten Individuenverlusten. Zu nennen ist weiterhin das illegale Umbrechen und "unter den Pflug nehmen" der linienhaften Weg- und Waldränder.

Für die letzten Kreuzottervorkommen im Hügel- und Bergland sind unbedingt Artenhilfsmaßnahmen zu ergreifen. Ob die Vorkommen im Landkreis Göttingen noch existieren ist uns nicht bekannt. Hier sind gezielte Untersuchungen/Kartierungen mit begleitendem Biotopmanagement angezeigt.

Viele Maßnahmen zum Schutz der Kreuzotter müssen in Zusammenarbeit mit den Waldnutzern und Besitzern (Staatsforst, Privatwald, Kloster- und Kirchenwälder) abgesprochen und umgesetzt werden. Die Maßnahmen müssen mit einer nachhaltigen, jahrzehntelangen Gewährleistung durchgeführt werden (Erhalt und Etablierung von Winterquartieren, Frühjahrssonn- und Paarungsplätzen sowie Brutplätzen).

Kleingewässeranlagen und der Erhalt der Laichplätze von Gras- und Moorfröschen sind weitere wichtige Maßnahmen, da insbesondere junge Kreuzottern auf junge Braunfrösche (und junge Waldeidechsen) als Erstfutter angewiesen sind.

Für Hinweise zu Überwinterungsplätzen, Paarungsplätzen und Sonnplätzen trächtiger Weibchen dieser ehemals weit verbreiteten Art sind wir dankbar. Gleiches gilt für Kreuzotterfunde im Hügel- und Bergland.

 

Kreuzotterbisse

Selten beißen Kreuzottern einen Menschen, haben sie Zeit zu fliehen, tun sie dies. Lediglich in die Enge getriebene oder gefangene Kreuzottern wehren sich durch simulierte Bisse (Zuschnappen, Fauchen) aber auch durch gezielte Bisse. Manchmal wird gar kein Gift oder nur geringe Mengen bei diesen Verteidigungsbissen injiziert, manchmal aber auch mehr.

Ein eventueller Biss von einer Kreuzotter ist Ernst zu nehmen, auch wenn keine Lebensgefahr besteht. In jedem Fall ist Ruhe zu bewahren und ein Arzt aufzusuchen. Der gebissene Körperteil (z.B. Hand, Arm, Fuss, Bein) ist möglichst wenig zu bewegen. Das Aussaugen, Aufschneiden oder gar Ausbrennen der Wunde ist in jedem Fall zu unterlassen, dies sind "Wildwest-Klischees". Auf ein Abbinden sollte verzichtet werden, da dies zumeist falsch vorgenommen wird und zu bleibenden Schäden führen kann.



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